Mein selbstgesetztes Wahlziel von fünf Prozent habe ich nicht erreicht, aber mit den erreichten 1,1 Prozent bin ich trotzdem zufrieden. Immerhin konnte ich neben dem Kandidaten der MLPD auch den der Piraten hinter mir lassen. 1.822 Erststimmen sind zudem doch etwas mehr als die neun Mitglieder der ÖDP und die 36 Mitglieder des überparteilichen Vereins Henneberg-Itzgrund-Franken e.V., dem ich vorsitze, die es momentan im Wahlkreis 196 gibt.
Mir ist es leider nicht gelungen, die von mir mit Pressemitteilungen und Abendveranstaltungen bearbeiteten regionalen Themen in den Wahlkampf hinein zu tragen. Insbesondere meine Position zur Abschaffung des Lohngefälles zwischen Südthüringen und Nordbayern (und Osthessen) u.a. zum Bekämpfen des Fachkräftemangels schlug leider nicht in Tageszeitungen und Radio ein, wie ich es mir erhoffte. Leider deckt sich das auch mit den Medienerfahrungen, die ich die letzten gut vier Jahre als Vorsitzender des oben genannten Vereins sammeln durfte: Wenn wir zu sehr auf den Punkt kommen, werden unsere Pressemitteilungen i.d.R. nicht veröffentlicht.
Die Trennung zwischen Partei und Verein ist mir, denke ich, ganz gut gelungen. Das insbesondere auch, weil ich das landespolitische Thema der Anerkennung der kulturellen und historischen fränkischen Identität des heutigen Südthüringen komplett rausgehalten und stattdessen eher die Deutsche Einheit thematisiert habe. CDU und Die Linke thematisierten hingegen recht umfangreich das landespolitische Thema der Kreisgebietsreform. Punkten konnten sie beide offensichtlich nicht wirklich damit.
Dass die ÖDP, bis vor kurzem als einzige Partei in Deutschland, aus Überzeugung komplett auf Firmenspenden verzichtet, kann man auch als eine Form von Selbstgeiselung bezeichnen. Aber genau dieser Aspekt zeigt sehr deutlich, dass die ÖDP eine Alternative zur Klientel-Politik der etablierten Parteien darstellt. Die Fünf-Prozent-Sperrklausel hat zudem den Einzug der AfD in den Bundesstag nicht verhindert. Also weg mit dieser undemokratischen Hürde. Nach aktuellem Ergebnis hätten vermutlich Freie Wähler und Die Partei jeweils drei, Tierschutzpartei zwei und Piraten, NPD und ÖDP jeweils einen Sitz im Bundestag. Was wäre daran so schlimm? Denn etwa 0,3% muss man für einen Sitz auf Grund der Gesamtanzahl der Sitze sowieso erreichen. In den Landtagen schwankt dieser Wert als natürliche Sperrklausel zwischen 1,1 (Bayern) und 2,9 (Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern) Prozent. Ich möchte behaupten, dass eine Abschaffung der Sperrklausel zudem die aktuell festzustellende Parteienschwemme indirekt ausbremsen würde, weil so die sich teilweise sehr ähnlichen Kleinparteien mehr Bekanntheit erhielten. Wer etwas für die Rettung der Demokratie tun will, sollte also die Sperrklausel bei Landtagswahlen abschaffen und diese für den Bundestag zumindest auf ein Prozent herabsenken, was so dann auch der Drei-Direktmandate-Regel entspricht. Zumindest FDP, B’90/Die Grünen und die CSU sollten auch ein ganz eigennütziges Interesse an dieser Korrektur haben. Hierzu sei abschließend noch an die Bundestagswahl 2013 erinnert, bei der etwa ein Sechstel der abgegebenen Zweitstimmen im Parlament keine Berücksichtigung fand!
Nun konkret zum bundesdeutschen Wahlergebnis:
Die Linke hat ihr Alleinstellungsmerkmal als Partei der Neuen Bundesländer, “des Ostens”, verloren und muss dieses Merkmal nun mit der AfD teilen.
Wer jetzt behauptet, das Aufstreben der AfD hätte vor allem etwas mit den hohen Flüchtlingszahlen der letzten zwei Jahre zu tun, schiebt den Flüchtlingen ungerechtfertigt den Schwarzen Peter zu.
Seit den 1980er Jahren sinkt kontinuierlich die Wahlbeteiligung in Deutschland, die Politik- und Parteienverdrossenheit wächst.
Nach wie vor fehlt außerdem die Angleichung von Löhnen und Rente zwischen Alten und Neuen Bundesländern.
“Die machen doch eh was sie wollen.” “Die denken doch eh nur an sich.” “Ist doch egal, wen Du wählst.” Usw. …
An diesen Sprüchen zeigt sich das eigentliche Problem. Der neoliberalen Klientel-Politik der letzten 30 Jahre muss eine Politik im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger folgen. Vielleicht schaffen es B’90/Die Grünen diesen Aspekt in die bevorstehende Jamaika-Koalition hineinzutragen? Wünschenswert wäre es! Ansonsten kann Deutschland hier nur für 2021 auf eine grunderneuerte SPD hoffen.
Nun zurück zu den sogenannten Kleinparteien:
Bei Podiumsdiskussionen werden Direktkandidaten der Kleinparteien nur in Ausnahmefällen berücksichtigt. Seitens der Medien werden diese maximal stiefmütterlich bzw. zweitklassig berücksichtigt. Oftmals vernehmen wir die Ausrede, man müsse ja sonst auch NPD oder neuerdings die AfD oder die MLPD einladen. Mal davon abgesehen, dass es fatal ist, in dieser Form den Extremisten nach zu gegeben. Jeder Ausrichter einer Podiumsdiskussion hat als Veranstalter und Hausherr doch das gute Recht zu sagen: “Euch wollen wir wegen Eurer Einstellungen und Politik nicht dabeihaben.”. Etwas mehr Courage und Ehrlichkeit stünden so manchem Veranstalter solcher Diskussionsrunden gut zu Gesicht. Auch den Bürgerinnen und Bürgern, die erst mit Ihrer Unterstützungsunterschrift dem einen oder anderen Direktkandidaten dessen Kandidatur ermöglicht haben, honoriert man so ihren Einsatz für die Demokratie. Etwas mehr Demokratie wagen: Große, mittlere und kleine Parteien zukünftig gleich behandeln. Hier sind Medien, Politik und Gesellschaft gefragt!
Auf dem Plan für einen möglichen nächsten Wahlantritt steht für mich nun die Landtagswahl 2019. Für die ebenfalls 2019 anstehenden Kommunalwahlen sind eigene Wahllisten sehr unwahrscheinlich. Eine Möglichkeit für Zusammenarbeit in Form von gemeinsamen Listen sehe ich momentan für mich nur bei den Freien Wählern.